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Freitag, 30. Dezember 2011

Exkursion zur Waterfront

Eine Exkursion soll nicht nur Spaß machen, sondern auch die geistigen Horizont erweitern. Deshalb nutzt man Weihnachtsferien am Besten für eine Exkursion zur Bremer Waterfront. Fragt man die freie Internetenzyklopädie Wikipedia nach Waterfront so erhält man die Antwort es handele sich um 
am Ufer größerer Gewässer (Flüsse, Kanäle, Seen, Meer) gelegenen Stadtteile bezeichnet, die heute wegen ihrer häufig obsoleten Hafenanlagen, Docks und Industriebauten große, aber auch enorm kostspielige und damit langfristige Projekte städtischer Revitalisierung stimulieren.
In Bremen gibt es der gleichen Quelle zu Folge zwei Waterfronten. Die Überseestadt, eine auf schick gehypte Spielwiese für Immobilienspekulanten. Die zweite ist die Waterfront Bremen, ein Einkaufszentrum Konsumtempel, in dem nach Herzenslust Shoppen in religiös anmutenden Handlungen dem Konsum huldigen kann. Ursprünglich befand sich an diesem Ort eine Werft, die AG Weser. Dort wurden stolze Schiffe gebaut, die als Botschafter Bremens die Weltmeere befuhren. 1983 musste diese Werft nach wirtschaftlichen Turbulenzen schließen. Es entstand für 20 Jahre eine industrielle Brachfläche im Bremer Westen. Zur Expo 2000 sollte dort ein sog. Expoprojekt errichtet werden: Der Spacepark. Ein Indoorfreizeitpark mit Shoppingmall und Kino. Aufgrund von Verzögerungen wurde dieser erst 2003 eröffnet. Er scheiterte nach 9 Monaten an einem vernünftigen Konzept und aufgrund der horrenden Eintrittspreise. Danach stand das Gebäude, außer dem Kino, leer. Es wurde wurde ein umheimlich schlechter und abstruser Tatort dort gedreht. Aber ansonsten fand sich keine Nutzung für diese Investitionsruine. 2008 schließlich wurde das aktuelle Konzept einer Shoppingmall eingeführt.
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Die Entscheidung zur Waterfront zu fahren stand schon länger fest, da das Thema Space Park/Waterfront regional die mediale Aufmerksamkeit genoss. Außerdem waren auf Youtube viele Primark-Bremen-Hauls zu finden, was natürlich neugierig machte, was die Neugier auf diese relativ unbekannten Bekleidungshandelsmarke steigerte.
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Stoßweise, wie der Pulsschlag, liefert die Straßenbahn die KonsumjüngerInnen zur Waterfront. Das Gebäude, das von Außen den Charme einer überdimensionierten Messehalle hat, befindet sich, umgeben von Parkplätzen, direkt an der Weser. Daher rührt ein eisiger Wind, der die Ankommenden begrüßt. Vor dem Eingang befindeten sich auch in der Nachweihnachtszeit Stände Fressbuden und eine Fahrgeschäft, die einen kleinen Weihnachtsmarkt darstellten. Hinein geht es durch Drehtüren, die selbst RolatornutzerInnen ausbremsen. In der Mall angekommen sieht man Unmengen von Menschen, die  frei, Langeweile oder das Bedürfnis Geld auszugeben haben. Im Inneren dieses Gebäudes herrscht eine Bahnhofsakkustik erster Güte. Es ist sehr laut. Die Läden sind hauptsächlich Filialen großer Ketten, die es in so gut wie jedem Einkaufszentrum gibt. Meistens Geschäfte des Textileinzelhandels, daneben gibt es aber auch einen Buchladen (!!) mit Buchhändlerattrappen als VerkäuferInnen und Drogerien. Ankermieter sind zwei Märkte: Einmal Primark und einmal Mediamarkt. Beide verfügen über relativ große Flächen. Ein weiterer auffälliger Laden ist "Olymp & Hades". Wahrscheinlich wollte der Namensgeber besonders kreativ sein und ein altgriechisches Pendant zu "Himmel und Hölle" schaffen. Leider war er nicht so in der griechischen Mythologie bewandert. Weiterhin ins Auge fällt das Klientel von Olymp & Hades, Mädchen und junge Frauen, die bitchig nuttig schlampig tussenhaft gewagt gekleidet sind. Ein weiteres Merkmal dieser Mall ist das bedächtige Schlangestehen der KonsumentInnen. Ein Phänomen, was man sonst nur aus dem real existierenden Sozialismus her kennt. Selbst beim kapitalistischen Systemgastronomen Starbucks ist dieses zu beobachten.  Der Primark in der Waterfront Bremen ist im Vergleich zu anderen Geschäften in diesem Einkaufszentrum größer. Das Innere ist ein einziger Schweinestall etwas chaotisch. Neben wuseligen Backfischen, ABFs und anderen Kaufberauschten findet man eine Unordnung vor. Auf dem Boden liegen Waren, die runtergefallen sind und nicht wieder aufgehoben worden sind. Daneben fallen auch die Verpackungsreste, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit neben den Kleiderständern zu finden sind. Ein hektische Grundstimmung fällt auf. Ein grausiger Ort. Schnell weg! Der nächste näher zu betrachtende Ort ist eine Filiale der Firma Müller. Eigentlich ein bodenständiger Name sollte man denken. Es handelt sich dabei um eine mutierte Drogerie, in der es neben den klassischen Drogerieprodukten auch Spielwaren, Schreibwaren sowie Ton- und Datenträger zu erwerben gibt. Dieser Laden ist ähnlich hektisch wie Primark. Den letzten, der noch unter die Lupe genommen werden soll, ist der Mediamarkt in der Waterfront. Er ist ebenso hektisch wie wuselig. Die Abteilung für Tonträger ist etwa so groß wie die von Müller, wenn auch hier noch unordentlicher. Hier muss man noch schneller flüchten als im Primark.

FAZIT: Die Waterfront Bremen ist für Konsumfreunde ein Paradies. Alle anderen können darin wahnsinnig werden.

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Ficken und Bier

Die Ärzte sind zurück. Nachdem sie viereinhalb Jahre nicht auf Tour (Geheimkonzerte mal ausgenommen) waren, war es nun wieder soweit, sie gehen bald wieder auf große Reise. Einen Vorgeschmack auf die nächstjährige Tour waren zwei Konzerte in Dortmund, denen ein besonderes Konzept zugrunde lag: Sie waren geschlechtergetrennt. Das hieß: am Montag durften nur Frauen und am Dienstag nur Männer zum Konzert. Entsprechend des kleinen Unterschieds zwischen den Geschlechtern variierten die Shows.

Einlass für das "Männerkonzert" am Dienstag war für 18.00 Uhr angedacht. Um zeitig da zu sein, plante ich mein Eintreffen vor der Westfalenhalle für kurz vor 18.00 Uhr, was ich auch schaffte. Vor der Halle angekommen, stellte ich mich in eine Schlange und hatte Glück, denn dort wurden gerade Wellenbrecherbändchen abgegeben. Diese berechtigten vor den Wellenbrecher zu kommen, also direkt vor die Bühne. Die Stimmung vor dem Einlass war ausgelassen, die Jungs skandierten "Wir wollen auf's Damenklo" und "Wir wollen die Ärzte sehen". Der einizige, der Stress machte, war der Ordner, der auf ziemlich unfreundlich Weise eine Flaschensammlerin wegschickte. Ein solches rücksichtslose und unsoziales Verhalten gegenüber FlaschensammlerInnen habe ich aber schon bei vorangegangenen Veranstaltungen in der Westfalenhalle beobachten müssen. 

Etwas verspätet begann schließlich auch der Einlass.

In der Westfalenhalle 1 gab ich meine Jacke an einer Garderobe ab und stürmte einen Merchandisestand. Dort erwarb ich die Bullenstaat-CD. Dann ging ich an den Attac-Stand und kaufte mir dort nochmal zwei CDs. Da lacht das CD-Sammler-Herz. Schließlich kaufte ich mir noch eine Cola und ging in den Wellenbrecherbereich. 

Nun hieß es warten.

Um 20.00 Uhr gingen dann die Leinwände in Betrieb und typisch männliche Bilder. Das waren u. a. Bilder aus Baumärkte, von Schnitzeln mit Pommes oder Mammae.


Das Intro zum Abend war ein Blick hinter die Bühne, bei dem man(n) sehen konnte, wie sich die Ärzte für den Auftritt warm machen. Schließlich fuhr in der Mitte der Halle ein Korb von Decke herunter mit einem Bela-Double, einem Farin-Double und einem Rod-Double. Auf der Bühne zwischenzeitlich der Vorhang die echten Ärzte fingen an mit den Songs "Junge" und anschließend schmetterten sie die Männer-Hymne "Ein Mann". Das nächste Stück war "BGS", eines ihrer wenigen "echten" Punklieder. Es folgten das "Lied vom Scheitern", "Himmelblau" und Der Optimist. Mit "El Cattivo" und "Käfer" wurde zwei Perlen aus den frühen Jahren ausgegraben. In diesem ersten Teil gab es auch die erste La Ola. Dabei wurde eine zweite etwas spezielle La Ola erprobt: Eine Rülps-La-Ola. Diese funktionierte, auch zum Erstaunen der Herren auf der Bühne, wirklich gut. Das nächste Lied war "Anti-Zombie", wobei es die ersten Anspielungen auf den Bundespräsidenten und seinen aktuellen Skandal gab. Es folgten "Vermissen, Baby" und "Omaboy". Bei letzterem ließen es die Ärzte richtig krachen und fuhren sogar Pyrotechnik auf. Weiter ging es mit "Yoko Ono", "Meine Freunde", "Vokuhila Superstar" und "Deine Schuld". Im Vorfeld zu "Deine Schuld" entstand der Running Gag des Abends: Das Lied "Ficken und Bier". Dabei handelt es sich um eine Spontankomposition, bei der die Band auf der Bühne Zweizeiler improvisieren und das Publikum am Ende "Ficken und Bier" ergänzte. Bis zum ersten Zugabenblock wurden noch "Alleine in der Nacht", "Heulerei", "Sweet Sweet Gwendoline", "Schundersong" und "Rebell" gespielt. 

Jetzt folgte das obligatorisch "Zugabe, Zugabe"-Rufen. In diesem Block wurden "Schrei nach Liebe", "Elke" (nicht ohne den Running Gag zu bedienen), "Teenager Liebe" und "Unrockbar" (mit Hinsetzen und aufspringen).

Der zweite Zugabenblock wurde mit "Ignorama" eröffnet. Anschließend spielte die beste Band der Welt "Zu Spät", ein Lied, das auf der letzten Tour als Rausschmeißer diente. Am Ende dieses Stücks kam zu der ärztetypischen Situationkomik, so spielte jedes Bandmitglied ein anderes Lied. Bela spielte "Rock Rendevouz", Farin spielte "Claudia hat 'nen Schäferhund" und Rod spielte "Geschwisterliebe". Am Ende einigten sie sich spontan darauf "Geschwisterliebe" zu spielen, wobei sogar gesungen haben, was eigentlich wegen der Jugendschutzgesetzgebung hätte nicht passieren dürfen. Weiterhin spielten sie noch in diesem Block "Claudia hat 'nen Schäferhund" und "Ist das alles?".

Der letzte Zugabeblock bestand aus "Ein Lied für Dich" und "Dauerwelle vs. Minipli". Danach war Schluss. Als letztes Showelement kamm ein Hubschrauber von der Decke geschwebt, in den BelaFarinRod einstiegen und zum Abschied winkten. Danach ging wieder ein Vorhang nieder und das Licht an.

Eine recht unschöne gefährliche Situation gab es beim Verlassen der Veranstaltungshalle. Durch das allgemeine Gedränge kam es zu duisburgähnlichen Zustände. Diese sind aber glücklicherweise glimpflich abgelaufen.

FAZIT: Es war ein wie immer kurzweiliges und extrem witziges Konzert. So bin ich das von den Ärzten gewohnt.